3. März 2007

Warum knutscht man im Theater nicht?

Gestern, nachdem ich pünktlich abgeholt wurde, war ich ja im Theater. Umgeben von einer Fülle holder Weiblichkeit fiel mir irgendwann auf, dass alle, mehr oder weniger gespannt, dem Geschehen auf der Bühne folgten. Und als ich mich umsah, fiel mir auf, das keine Pärchen eng umschlungen in den Reihen saßen und ich überlegte mir: Warum knutscht man im Theater nicht?

Wohl aber im Kino. Dabei sind beide Veranstaltungsformen ja grundsätzlich das gleiche: Menschen spielen anderen Menschen etwas vor. Das kann spannend sein, kann aber auch sterbenslangweilig daher kommen. Warum also lässt man sich im Kino gehen und knutscht hemmungslos mit seiner Nachbarin und im Theater sitzt man gesittet auf seinem Platz und traut sich, wenn überhaupt, grade mal ein sachtes Händchenhalten. Und das auch nur, wenn man sich schon kennt. Liegt das vielleicht daran, dass man Angst davor hat, die lebendigen Schauspieler könnten das Geschehen in den Sitzen kommentieren und man würde aufgefordert werden sich zu rechtfertigen? Oder gar auf der Bühne weiter zu machen? Ist das eine Urangst des Theaterzuschauers: mitspielen müssen? Vielleicht. Vielleicht ist es aber auch nur ein gewisser anderer Anstand als im Kino, der uns gebietet sich eben nicht miteinander, sondern nur mit dem Gesehenen auf der Bühne zu beschäftigen. Im Kino kann man, zumindest von der Leinwand aus, nicht zur Ordnung gerufen werden, also entfällt diese Hemmschwelle. Im Theater scheint das durchaus möglich.

Ich für meinen Teil fand es eigentlich schade, dass ich diese Feststellung treffen musste, denn ich hätte mich, besonders gestern, nur allzu gern mit meiner Nachbarin und nicht mit dem Geschehen auf der Bühne beschäftigt… Aber so ist das eben im Theater!