Gedichte 2011 / 2012 - Sammlung

 

 

Zuletzt


ein wenig ist
der schnitt zu spüren
ein wenig brennt
die wunde doch
einen zweiten schnitt
muss ich nun führen
zu befreien mich
aus diesem joch
 
in das ich selbst geraten
bilder wurzeln meinen kopf
zerspringen möchte ich
tausendfach
 
den schädel mir frei
mit einem spaten schlagen
vergessen alles was mich
so sehr quält
 
keine lösung
kein hoffnung
nur ein dritter schnitt
noch
jetzt
 
klingend fällt das letzte denken
grausam bis zuletzt

Meine Zeit

 
bleich und grau
steht er vor mir
dem tode gleich
ein schatten nur
 
ein geist
mir botschaft zu künden
von der verheißung
die mir ist
 
doch keine freude
macht das herz mir weit
er schwindet wieder
 
nun ist meine zeit

Heimat

 
So bald mein Blick die Ferne fasst
die sich weit vor mir erstreckt:
das weite Grün, das zarte Blau
und Sehnsucht drin versteckt.
 
Sehnsucht nach der einen Heimat,
nach einem festen warmen Halt.
Ich sehe nahe Orte dicht bei mir -
bald werde ich ihr nah sein, bald.
 
Ich fasse das Grün, berühre das Blau
und eigentlich fasse ich Dich -
jetzt hab ich endlich eine Heimat,
denn an deiner Seite findet sie sich.


Von der Treue


In meinem Achselhaarschatten
lebten seit einem Jahr: Ratten.
Und wohl alle beide hatten
nicht alle Latten
am Zaun,
denn kaum
verwöhnte ich sie mit Sonne,
war es ihnen eine Wonne,
sich zu rekeln in der Sonne,
während sie ihre Schwänze
in voller Gänze,
in die Höhe reckten
und sich nicht weiter versteckten,
sodass ich gezwungen war
zu scheren mir das Achselhaar,
worauf die beiden Ratten
keinen Halt mehr hatten
und weiterzogen Richtung Paarung
im Bereich der Schambehaarung,
worüber zu berichten
ich mitnichten
nicht im Stande bin.
Fin.

Von der Treue II


Sie kann den Windhauch noch
in tränenfeuchten Augen spüren.
Lang nachdem die Tür mit voller Wucht
das lebe wohl zur Wahrheit werden ließ.

Aus dem Rauch der verloschenen Kerze
kräuselt sich ein feiner Schatten
vor dem Fenster auf den Teppich,
legt sich vor ihr nieder.

Es ist sein langer Schatten.
Und sie?
Sie wärmt sich wieder daran.

Von der Treue III


Diese langsamen
weichen
Berührungen
streichen
an mir herab
und sind mir
wohlbekannt.

Doch dieses Mal
stammen sie nicht von
meiner Hand.

Nein. Du
berührst mich
unbekannt und scheu.
Kann ich es jetzt noch sein?
Mir treu?

In irgendeinem Jahr


In irgendeinem Jahr
an irgendeinem Tag
wirst du ein Engel sein

    erdrosselt von den Sorgen
    ertrunken in den Tagen
gebrochen von den Lieben
verbrannt von all den Lüsten
erschlagen von den Lasten

wirst du dich davonstehlen
als kleiner Lichtschein
meiner Nacht

aber leichter und heller
als all das bisher

Verratene Liebe


Himmel las das Schwert mich schmieden!
Mit dem ich dann die Rache kosten kann.
Verratene Liebe lässt mich nicht in Frieden.
Gefordert zum Duell steht Mann vor Mann.

Im Sonnenschein die Schwerter blinken,
ein schneller Schritt, ein schneller Schlag.
Ich seh den Andren noch zu Boden sinken
und weiß das war gewiss sein letzter Tag.

Dem Weib lieg ich nun wieder an der Brust;
hebt hoch die vollen Becher goldnen Biers!
Getrunken wird auf Liebe, Weib und Kampfeslust.
So passt das Ritterleben - lob ich mirs!

rand


mit weit geöffnetem
mund und
brustkorb frei
stehst du
erwartend am rand
deiner sehnsucht
am rand deiner
wünsche
-
du kannst es nicht kommen sehen
kannst es nicht einmal spüren
geschweige begreifen
plötzlich ist es da
greift nach dir
redet dir mit stimmen wirr
lässt dich deine
lässt dich
lässt
-
mit weit geöffnetem
brustkorb
und mund
liegst du
erwartend den rand
deiner sehnsucht

Trauerspiel


Es ist jetzt nicht die Zeit für Kunst!
Keiner sät den Wind in karge Furchen.
Nirgends wird noch Sturm geerntet.

Es ist jetzt nicht die Zeit für Kunst!
Scheinzufrieden pöbelt sich der Mobb
durch Tageseinerleigesülz. Geschwätzig
täglich tätlich sich die Fressen zu polieren.

Nein, es ist jetzt nicht die Zeit für Kunst!
So bildungsfern wir uns auch geben,
so billig, arm und politikverdrossen.
Ein Weinen, ein Heulen, ein gellender Schrei
sind die ersten Töne einer Operette!

Aber nein, es ist jetzt nicht die Zeit für Kunst!
Der Wille zum Leben, zum einfachen da sein,
ist Kunst genug für unsre Tage.
Ist bei weitem doch ein Trauerspiel.

Die Aufräumung


Die Schädeldecke hochgeklappt
Die Ohren auf Durchzug gestellt
Und die Zunge mit den Lauten in den Wind gehängt

Tief hinein mit dem Pinsel der Fantasie
Und in allen Ecken des Hirn Staub gewischt
Vertrieben die Spinnen aus ihren gewebten Heimen

Durchgeblasen den Hohlraum der Lüste
Alle As und Os aufgefädelt und wieder angehangen
Außen und innen geputzt und gewienert

So ist der Frühjahrsputz der Gedanken
Die Schneeschmelze der bedrückenden Sorgen
So ist die Aufräumung meiner Seelenruhe

   

er hält mich


der griff deiner hände
die mich in dieser
welt halten
ist fest
und unnachgiebig

er schnürt mir die luft zu
schickt mich in träume
und nimmt mir die brise
zum atmen

er würgt mich und
verschwimmt mich
er lässt mich kaum
leben atmen
er lässt mich kaum
leben erfahren

aber er hält mich
im leben

   

Deutschland


mein freier wille ist gebrochen
eingegipst und betoniert

meine freie meinung ist zerbrochen
durchgestrichen zugeschmiert

meine freiheit ist verkrochen
schwarz rot golden angeschmiert

   

die schlachten sind


die schlachten sind
die männer auch
geschlagen
kopflos irren
und liegen sie umher
herum
drum herum
die köpfe auf silbernen
tabletten
hilflos dagegen
kopfschmerztabletts

   

meine dunklen träume


doch etwas schmerzhaft kriechen sie heraus
aus meinem dunkelgrauen seelenkauderwelsch
um sich endlich wieder mir zu stellen
sich mir auch entgegen zu stellen
meine dunklen träume
meine wildesten wünsche
meine unerfüllten hoffnungen
lachen mich an oder aus
wer weiß das schon genau von sich
aber sie zeigen sich mir endlich wieder
offenherzig und verständniskühl
sind sie wieder da
stehen vor meinen augen und händen
und ich beginne mich ihnen zu widmen
beginne wieder in ihnen zu lesen
mit ihnen zu leben
und zu lieben
mit meinen dunklen träumen
    

Ein kurzer Tag


Voller Vorsicht
Bricht der Tag über mir
Sein Brot
Das in kleinen Krumen ich
Zwischen meinen Zähnen fühle
Hin und her gewendet
Eingespeichelt jedes Korn
Ein kurzes Schlucken
Ein kurzes Schmecken
Ein kurzer Tag
Der sein Brot mir überlässt
Ein kurzer Tag
Zum hin und her sich wenden
Ein kurzer Tag
Für wenig Brot
    
Verwischt sind die Farben

Verwischt sind die Farben des Winters
Vorbei die wollene Zeit
Mit den leisen Sonnenstrahlen
Kommt langsam die Fröhlichkeit

Wieder in die Herzen der Menschen
    

Das schwarze Pferd


Ein starkes schwarzes Pferd
Fest angekettet an meinem Herzen
Läuft im festen Galopp
Es mir heraus zu reißen

Weder weiß ich wem das Pferd gehört
Noch wer die Kette schmiedete
Weiß nicht wer sie ums Herz mir band
Weiß nur und hör es auch
Das Pferd antreiben mache ich

   

Bücher


Zentimeterdick liegt der Staub
Auf den alten Büchern
Die zu lesen ich nicht verdiene

Zu groß die Ehrfurcht
Vor den geschriebenen Wörtern
Dieser großen Dichter

Zu groß die Hoffnung
In den Geschichten zu versinken
Zu verschwinden in einer anderen Zeit
Der Zeit der Millionen Buchstaben

Zu verschwinden in den ungelebten
Träumen dieser Zeit
Dieser Bücher   


 


   

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